Frankfurt am Main - Typ R
► Typ R | |||||||||||||||
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Hersteller | DUEWAG / Siemens | ||||||||||||||
Spurweite | 1435 mm | ||||||||||||||
Lieferzeitraum | 1993 - 1994, 1996 - 1997 | ||||||||||||||
Anzahl gelieferter Wagen | 40 | ||||||||||||||
Betriebsnummern | 001-040 | ||||||||||||||
Modernisierungszeitraum ("Redesign") | 2006 - 2014 | ||||||||||||||
Anzahl modernisierter Wagen | 38 | ||||||||||||||
Betriebsnummern | 001-009, 011-016, 018-040 | ||||||||||||||
Traktionen | Solo | ||||||||||||||
Bestand |
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Die Römer-Koalition (SPD und Grüne) beschloss Anfang 1991 die Wiederaufwertung der Straßenbahn
durch den Einsatz von Niederflurwagen. Eine erste Serie von 22 Fahrzeugen sollte noch im Januar
bestellt werden, die Wagen 1993 zur Verfügung stehen. Insgesamt war an eine Bestellung von 100 bis
120 Niederflurwagen zum Stückpreis zwischen 3 und 4 Mio. DM (1,5 und 2,1 Mio. EUR) gedacht. Die
neuen Niederflurwagen sollten als Einrichtungsfahrzeuge gebaut werden. Dies bedeutet, dass an
allen Endstellen entsprechend ausgelegte Wendemöglichkeiten vorhanden sein müssen.
Die Betriebskommission der Stadtwerke hat beschlossen, bis zum Jahr 1999 insgesamt 100 neue
Straßenbahnwagen zu beschaffen. Die ersten 20 zum Stückpreis von 3,877 Mio. DM (1,982 Mio. EUR)
wurden bei DUEWAG / Siemens in Auftrag gegeben. Für die Bestellung weiterer 80 Wagen wurde eine
Option mit einem Gleitpreis auf der Basis von 3,5 Mio. DM (1,8 Mio. EUR) pro Fahrzeug vereinbart.
Es handelt sich um dreiteilige 100%-Niederflurwagen in ZR-Ausführung, die in Frankfurt als
Baureihe R bezeichnet werden. Unter jedem der drei Wagenteile befindet sich ein Drehgestell.
In den Triebdrehgestellen unter den beiden Endwagen befinden sich je vier wassergekühlte
Radnabenmotoren mit Planetengetriebe. Im Drehgestell unter dem Mittelwagen sind vier Laufräder
eingebaut.
Vor Morgengrauen traf am 13.01.1993 der erste R-Tw (001) per Straßenroller aus Düsseldorf
in der Stadtbahn-Zentralwerkstatt (StZW) ein, um dort komplettiert zu werden.
Am 17.02. wurde der erste Niederflurtriebwagen Typ R offiziell an die Stadtwerke Frankfurt
übergeben. Um den Übergabetermin einhalten zu können, wurde der Wagen in erstaunlich kurzer Zeit
in der StZW unter Mithilfe von DUEWAG fahrbereit gemacht.
Am 31.03. traf der zweite R-Tw (002) in Frankfurt ein.
Mit dem ersten Wagen dieser Bauart scheint es noch nicht ganz störungsfrei zu laufen. Von
systembedingten Schwierigkeiten ist die Rede (auch von Entgleisungen).
Am 07.05. traf der dritte R-Tw in der StZW ein. Der vierte R-Tw wurde auf dem Gelände der
Firma DUEWAG nicht abgenommen. Bei Probeläufen der vorhandenen R-Tw sollen Probleme mit den
Bremsen der Fahrzeuge bzw. bei der elektrischen Ansteuerung der Bremsen auftreten. Eine
Lastprobefahrt, bei der ein R-Tw mit Sandsäcken etc. auf sein Maximalgewicht gebracht wurde,
endete mit einem Kollaps der Elektrik.
Im August 1993 waren 5 R-Tw in der StZW vorhanden - die Betriebserlaubnis durch die
Aufsichtsbehörde wurde jedoch bislang auf Grund einer umfangreichen Mängelliste noch nicht erteilt.
Nach dem Kauf der ersten 20 bestellten Fahrzeuge dieser Bauart will man von der ursprünglich
geplanten Beschaffung weiterer 80 R-Tw absehen. Die entsprechende Option wurde nicht eingelöst.
Anfang Oktober waren 7 R-Tw vorhanden. Nach erteilter Zulassung werden die Wagen im Betriebshof
Gutleut stationiert.
Tw 003 erhielt am 10.08.1993 als erster seiner Baureihe die Zulassung - bald darauf 004 und 002.
Am 21.01.1994 kam es zum ersten Unfall mit einem R-Tw. Der R-Tw 005 fuhr infolge Bremsversagens
auf den N-Tw 801 auf. Bilanz: 3 Leichtverletzte (darunter der Fahrer des R-Tw) und
20.000 DM (10.200 EUR) Sachschaden. Der R-Tw wurde ins Herstellerwerk nach Düsseldorf geschickt.
Nach diesem Unfall wurden bis zur Ergründung der Unfallursache erst einmal alle R-Tw aus dem
Verkehr gezogen. Bei der Untersuchung des Unfallwagens stellte sich heraus, dass ein
Softwarefehler an den Bremsen "eingebaut" worden war, als die Techniker kurz zuvor einen anderen
Missstand (zu laute Steuerung, Pfeifton) beheben wollten. Nach fünftägiger Zwangspause konnten die
fahrfähigen R-Tw wieder eingesetzt werden.
Nach gerissenen Schlauchleitungen, unvorschriftsmäßigen Streusandeinrichtungen, abnorm lauten
Geräuschen usw. war der Softwarefehler der bislang folgenschwerste der zahlreichen Mängel der
R-Tw. Die Herstellerfirma habe mit einer Konventionalstrafe von gut 400.000 DM (205.000 EUR) je
Fahrzeug zu rechnen.
Anfang Februar 1994 waren 12 R-Tw in Frankfurt eingetroffen.
Ab dem 25.02.1994 waren die R-Tw erneut für einige Tage außer Betrieb. Nach einer Fehlanzeige
tauschte die Herstellerfirma Siemens (als Garantieleistung) in allen Wagen ein Modul aus.
Am 19.04.94 beschäftigte der im Vorfeld des Betriebshofs Sachsenhausen entgleiste R-Tw 008 einen
Vormittag lang die Feuerwehr.
Der R-Tw 014, der zu Beginn des Jahres vom Hersteller DUEWAG aus zu einer Ausstellung in
Kopenhagen gebracht worden war, kehrte von dort zwecks Beseitigung der durch Seewasser
verursachten Schäden zu DUEWAG zurück.
Am 20.07.1994 traf mit dem Tw 020 der letzte R-Tw der ersten Serie in Frankfurt ein. Bei den
zuletzt gelieferten R-Tw sind wieder Verarbeitungsmängel (undichte Fenster usw.) aufgetreten.
Der R-Tw 005 kehrte nach erfolgter Reparatur bei DUEWAG am 04.10.94 nach Frankfurt zurück.
Ende 1994 wurde die zweite Serie R-Tw (021 - 040) bestellt.
Die Entgleisung eines R-Tw auf der SL 15 am 30.05.1995 in der Wendeschleife am Haardtwaldplatz in
Niederrad führte dazu, dass diese Bauart zunächst einmal wieder von der SL 15 verschwand.
Am 04.06.1995 entgleiste der R-Tw 010 in der Schleife Stadion, was dazu führte, dass bis auf
weiteres keine R-Tw zum Stadion verkehren.
Der R-Tw 001 wurde am 19.07.1995 auf die Reise zu DUEWAG geschickt. Zweck: Die Gründe des
"Schwänzelns" der R-Tw nach Kurveneinfahrt zu ergründen und diese durch zweckdienliche Maßnahmen
abstellen zu können.
R-Tw 001 traf am 06.12.1995 wieder in Frankfurt ein.
Nach Messfahrten wird der R-Tw 001 seit dem 14.05.1996 wieder im Linienverkehr eingesetzt. Unter
dem Fahrzeug wurde eine Lenkhydraulik eingebaut, mittels derer bei Kurvenfahrten die
Drehbewegungen gleichmäßig über die einzelnen Wagenteile verteilt werden.
Am 07.09.1996 fuhr der R-Tw 010 mit 22 km/h auf einen Prellbock der Wendeanlage Ginnheim. Der
Wagen erlitt sehr schwere Beschädigungen und wurde in der StZW abgestellt. Unter Verwendung der
noch brauchbaren Teile soll ein 21. Wagen der zweiten Bauserie erstellt werden, der aber eventuell
wieder als 010 einnummeriert werden soll.
Der R-Tw 005 kam Ende 1996 zu DUEWAG. Er soll in der gleichen Weise wie der R-Tw 001 umgebaut
werden. Die anderen Wagen der 1. Serie sollen nach und nach folgen.
Am 03.03.97 entgleiste der R-Tw 019 bei der Einfahrt in die Wendeanlage an der Stadtgrenze
Offenbach.
Die VGF will den Straßenbahnwagenpark bis 2007 auf 110 Niederflurwagen vergrößern. Anfang 2001
erfolgte deshalb eine Ausschreibung über 11 Niederflurwagen. Die ungerade Anzahl der Bestellung
ergibt sich wie folgt: 39 (ehemals 40) R-Tw sind vorhanden, dazu kommen die 11 ausgeschriebenen.
Über die restlichen 60 Triebwagen gibt es Streitigkeiten zwischen der VGF und Siemens. Siemens
pocht auf sein Lieferrecht für 100 Niederflurwagen. Die VGF hat jedoch nach den schlechten
Erfahrungen mit den 40 R-Tw kein Interesse an weiteren Fahrzeugen und ist ebenso wenig gewillt
die Option in die Lieferung von Combino-Tw umzuwandeln. Ende 2001 bestellte die VGF bei Bombardier
60 NGT8-Niederflurtriebwagen (in Frankfurt Typ S) die ab 2003 zum Einsatz gelangen sollen.
Bei einer Flankenfahrt am 29.10.2001 wurden die R-Tw 007 und 017 erheblich beschädigt. Der Schaden
an beiden Triebwagen wird auf über 1 Mio. DM geschätzt. R-Tw 007 ist seit dem 27.12.2001 wieder im
Einsatz.
Am 31.01.2004 kollidierte infolge einer falsch gestellten Weiche der links abbiegende R-Tw 004 mit
einem entgegenkommenden Triebwagen.
Am 10.07.2005 fuhr R-Tw 017 auf den Prellbock an der Endstation Offenbach Stadtgrenze und wurde
dabei schwer beschädigt. Eine Aufarbeitung erscheint derzeit unwahrscheinlich.
Am 11. Juni 2010 wurden sechs R-Tw auf die Namen von Frankfurter Partnerstädten getauft:
022 "Toronto", 024 "Budapest", 026 "Tel Aviv", 027 "Mailand", 028 "Lyon" und 031 "Leipzig".
Text-Quellen:
Blickpunkt Straßenbahn: 1/1990 - 4/2010